Rückschau 2020
Die 400. ARENA-Veranstaltung:
Hildegard Keller (24. November 2020 im Meierhof) Mit
viel Sympathie moderiert von Wolfgang Bortlik, liest die (ehemalige)
Literaturclub-Kritikerin, Literatur-Professorin, Büchermacherin (Verlag
Maulhelden) und Autorin aus ihrem Kurzroman Lydias Fest, in dem die
reichste Frau der Schweiz – Lydia Welti-Escher - sich mit dem von ihr
geförderten und geliebten Maler Karl Stauffer auseinandersetzt. Es ist
die Geschichte von zwei Wartenden, die eigentlich nicht mehr länger
warten wollen – weder auf den Ehrengast Gottfried Keller, noch auf den
Erfolg des Malers oder die Erfüllung ihrer Liebe.
"Eine eindrückliche Frau" kommentierte Moderator Wolfgang Bortlik.
"Ich möchte Figuren, die eher unbekannt sind, auffrischen und zum Leben
erwecken" erwiderte Hildegard Keller.
(Nathalie Reichel, RZ 27. 11. 2020)
Rolf Hermann (3. 11. 2020 im Meierhof, Moderation
Edith Lohner) liest aus seinem neuen Band "Eine Kuh namens Manhattan"
sowie aus verschiedenen Prosa- und Gedichtbänden, meist in seinem sehr
klaren Walliserdeutsch, dazwischen aber auch Schriftdeutsch – oder
manchmal in beiden Sprachen. Die sehr pointierten Texte entstehen meist
aus einer konkreten Erfahrung, aus einem Wort, einem Namen – "die
Realität ist oft verrückter als man erfinden kann" – und sie entwickeln
sich oft über Jahre hin im Kopf des Autors, bevor sie aufs Papier
gebracht werden.
Rolf Hermann sorgte mit seinem lauten und ansteckenden Lachen für
Stimmung im Meierhofsaal. Auch wenn man nicht jeden Walliser Ausdruck
verstand, brachte er mit seinen Geschichten Berge, Täler und Raclette
vor das Auge der Besucher.
(Fabian Schwarzenbach, RZ 6. 10. 2020)
Nicolas Ryhiner (Donnerstag, 15. Oktober im
Meierhof, Moderation Valentin Herzog). In seinem dritten Roman erzählt
der Autor das Leben seines von der Familientradition totgeschwiegenen
Vorfahren Johann Rudolf Ryhiner. Dieser weigert sich, die väterliche
Apotheke zu übernehmen, macht stattdessen die lange und gefährliche
Reise nach Surinam (Südamerika), bringt die mütterlichen Plantagen auf
Vordermann, unternimmt Expeditionen ins Landesinnere – und heiratet eine
hübsche, aber streit- und alkoholsüchtige Mulattin. 1815 kehrt er nach
Basel zurück, begründet ein florierendes Handelsgeschäft – und heiratet
eine Tochter aus bester Familie. Ein zahlreiches, gutenteils schon mit
Maske ausgerüstetes Publikum genoss die mit schauspielerisch geschulter
Stimme vorgetragenen Passagen aus "Im Surinam". Gekonnt verwebt Nicolas Ryhiner historische Ereignisse, reale Figuren und fiktive Situationen zu einer mitreissenden Geschichte.
(Nathalie Reichel, RZ, 23. 10. 20)
Sandra Hughes (Donnerstag, 24. September im Saal des
Meierhofs, Moderation Wolfgang Bortlik) Mit ihrem ersten Krimi um die
50jährige Ermittlerin Emma Tschopp ("Tessiner Verwicklungen") hat
Sandra Hughes eine starke Sympathiefigur geschaffen: Mit südländischem
Temperament geht die Baselbieter Ermittlerin auch in ihren Tessiner
Ferien einen rätselhaften Fall an, die Ermordung einer jungen Frau im
Kühlraum einer Pastamanufaktur im Dorf Meride. Hughes und Bortlik
gestalteten vorlesend und in aufschlussreichem Gespräch einen guten
Abend in ungewohnter Umgebung und vor sehr interessiertem Publikum.
Deutlich wird … dass jedem Krimi – so leichtfüssig er auch daherkommt – ernste Begebenheiten zugrunde liegen.
(Michèle Faller, RZ 2. 10. 2020)
Wolfgang Bortlik (Dienstag 1. September im Grossen Saal des Landgasthofs) stellt seinen neuen Kriminalroman Allzumenschliches
vor: Basel 1869, Kongress der Internationalen
Arbeiter Assoziation (IAA), von Behörden und Bürgertum
misstrauisch beobachtet. Sogar ein ziemlich windiger
Geheimagent wird beauftragt, die Veranstaltungen zu
beobachten. Als man seine Leiche aus dem Rhein zieht, glauben
alle an ein politisches Verbrechen – bis der eben als
Professor für Griechisch nach Basel berufene
Friedrich Nietzsche auftritt und den etwas beschränkten
Polizeihauptmann Weiss mit ein paar kriminaltechnischen
Überlegungen auf die Spur des wahren Mörders bringt.
Spätestens als Wolfgang Bortlik … aus dem ersten
Kapitel seines Romans zu lesen begann, waren
alle Unannehmlichkeiten [des Eingangs] vergessen. vor allem
weil … er das Publikum direkt in die Erzählung einbezog.
(Nathalie Reichel, RZ 4. 9. 20)
-minu (Dienstag, 11. Februar, Moderation Nicole
Hausammann) liest aus seinem ersten Roman Die rosa Seekuh. Schon wie das
Buch zu seinem Titel kam, ist ein Kabinettstück minu'schen Humors: Ein
Liebhaber in Rom gibt dem jungen Mann den Übernamen "Lamantino". Dieser
denkt "lamantino" müsse eine Steigerung von "l'amante" (der Liebende)
sein, stellt dann aber fest, dass das italienische Wort einfach "Seekuh"
bedeutet. Vor vollem Haus las -minu einzelne Kapitel, erzählte
zwischendurch, ganz locker ins Baseldeutsch wechselnd, andere Episoden
und schuf so ein heiter-lebendiges Bild seines Werdegangs als Journalist
und Mensch.
Mit grossem Vergnügen und entwaffnender Offenheit sprach -minu im
Rahmen des jüngsten Arena-Abends über sein Leben und stellte sein erstes
«richtiges» Buch vor, «Die rosa Seekuh». […]Der Abend endete mit
Episoden und einer Buchpassage über das heutige Leben von -minu im
gesetzteren Alter. Mit seinem geliebten Christoph, mit dem er nun schon
seit 51 Jahren zusammenlebt. Fragen blieben keine offen. Und so ging es
nach einem letzten Lacher und vergnügtem Applaus an die Bar – «d'Lampe
go fülle», wie -minu sein Publikum am Ende vergnügt aufgefordert hatte.
(Rolf Spriessler, RZ 14. 2. 2020)
30 Jahre KALEIDOSKOP (Dienstag, 21. Januar)
Begrüssung durch Gemeinderätin Christine Kaufmann, Moderation Edith
Lohner. Christian Schmid, Mundart-Autor und -spezialist, langjähriger
Redaktor der Dialektsendung "Schnabelweid" und einst im Vorstand des
KALEIDOSKOP, diskutiert und argumentiert mit Markus Gasser, seinem
Nachfolger bei der "Schnabelweid", über Geschichte, Wesen, Sinn der
Mundart. Als Grundlage dient sein neues Buch: Häbet nech am Huet, e
Chiflete.
Unser Sprachnarzissmus, der sich als Mundartkultur verkleide, sei
nörglerisch, rechthaberisch, sei an dem, was über den eigenen Tellerrand
hinausgehe nicht interessiert und schmecke säuerlich, stellt Christian
Schmid fest. Er fordert vor allem einen ernsthafteren und sorgfältigeren
Umgang [mit dem Dialekt …] Es war ein lustvolles, engagiertes und
erhellendes Gespräch.
(Rolf Spriessler, RZ 24. 1. 2020)